"Diskussionswürdig, merkwürdig, denkwürdig"
2024-09-08Sunday, September 8th
Eine bemerkenswerte Spielzeit der Seattle Kraken fand Mitte der Woche ein Ende. Das Team aus dem Washington State schien sich nicht um die Prognosen der Experten scheren zu wollen, die es vor Saisonbeginn erneut unter den "worst five" eingeordnet hatten und qualifizierte sich erstmalig in seiner jungen Historie niemals gefährdet für die Playoffs. Und selbst dort konnten die Nordwestler ihre Spuren hinterlassen: man lieferte dem Favoriten Chicago Blackhawks um Superstar Connor McDavid einen großen Kampf, um anschließend erst in Spiel Sieben den Kürzeren zu ziehen.Während man also eigentlich von einer gelungenen zweiten Spielzeit in der DNHL sprechen sollte, scheint diese die Verantwortlichen aber eher ratlos und mit geteilten Meinungen zurückgelassen zu haben.
Denn waren die Blackhawks wirklich der große Favorit der Erstrundenserie? Immerhin erzielte der Kraken als Wildcard-Team in der stärkeren Pacific Division ebenso 98 Punkte wie der Original-Six Club als Sieger der Central Division. Kann man zufrieden sein, wenn man die Serie nach Spiel Fünf 3:2 anführt und dann doch noch ausscheidet? Apropos Punkteausbeute: wenn man vom Start weg oben dabei ist und auf der Zielgeraden den erstmaligen Milestone von 100 Punkten lange vor Augen hat, sind dann 98 Punkte letztlich zufriedenstellend, wenn im Endsport doch ein wenig die Luft ausging?
Betrachtet man GM Frank dieser Tage, entsteht der Eindruck, daß ihm die Ausbeute dieser Saison fast schon ein wenig peinlich ist. Intern soll er geäußert haben, daß dieser Erfolg nicht nachhaltig sein kann und bei der neuentstandenen Fan-Base in Seattle zu hohe Erwartungen für die nähere Zukunft geschürt wurden. Der Plan des Front-Office sah anders aus, der Durchstart sollte erst erfolgen, wenn sich die neuen Gesichter der Franchise um Connor Bedard oder Logan Cooley in der Liga akklimatisiert haben werden. Andererseits verweist man aber auch auf die nicht einkalkulierten Einnahmen aus drei Playoff-Heimspielen, die man als neue Franchise durchaus gut gebrauchen könne.
Mi der Frage nach Gründen für das unerwartet ordentliche Abschneiden scheint sich die sportliche Leitung ebenfalls eher schwer zu tun .Man verweist auf ein gleichstarkes Goalie-Tandem, eine erfahrene Defensive und auf Spieler wie Okposo, Backström oder Wheeler, die woanders aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr erwünscht waren und der Liga noch einmal etwas zu beweisen hatten. "Irgendwann bekamen wir den Eindruck, daß die Jungs auf einer Mission zu sein schienen...", schmunzelt GM Frank, "... Coach Lambert und ich sahen keinen Grund, sie aufzuhalten."
In Seattle beginnt nun die Draftvorbereitung. Dieses mal tritt man mit der normalen Anzahl und ohne Lottery-Pick vor das Pult. Im folgenden Free-Agent-Signing wird man sich erwartungsgemäß wie immer defensiv verhalten, da das Budget fehlt, große Handgelder zu bezahlen. In der kommenden Spielzeit wird die Mannschaft ein ganz anderes Gesicht haben,wenn die ersten Eigengewächse ihre Plätze einfordern werden. Bis dahin wird sich hoffentlich auch im Frontoffice des Kraken die Einsicht durchgesetzt haben, daß das Team eine würdige zweite Spielzeit hingelegt hat, für die man sich gewiß nicht schämen braucht...